Nachlese Traumakonferenz TRAUMACROSSOVER Konstanz Juli 2022
Nachlese Traumakonferenz TRAUMACROSSOVER Konstanz Juli 2022
Gemeinsam mit Katharina Kautzsch, einer befreundeten Kollegin aus Berlin traf ich am 07. Juli 2022 in Konstanz ein.
Transdisziplinäre Trauma-Werkstatt-Konferenz
Sind emotionale Erinnerungen unveränderbar?
An allen drei Tagen fanden am Vormittag drei Kurzvorträge von jeweils 40 Minuten statt. Die Konferenz startete mit einem Vortrag von Dr. Antonia Pfeiffer aus Hannover. Frau Dr. Pfeiffer stellte die lange Zeit sich haltende Überzeugung, dass emotionale Erinnerungen unveränderbar sind, in Frage.
Ihre Überzeugung: „Wenn emotionale Erinnerungen unter bestimmten Rahmenbedingungen aktiviert werden, können sie sich verändern. Dabei ändert sich nicht die biographische Erinnerung, sondern allein die emotionale Reaktion“.
Erinnerungsupdate
Wir erinnern uns also weiter an das Geschehen, aber reagieren nicht mehr so, als ob die Vergangenheit Gegenwart wäre. Antonia Pfeiffer spricht von einem „Erinnerungsupdate“.
Scham, die versteckte Emotion
Eine weitere Referentin in Konstanz, Dr. Silvia Zanotta sprach über „Scham, die versteckte Emotion“ und die Notwendigkeit ausreichen Körperwissen in Beratung und Therapie zur Verfügung zu haben. Dabei wird Scham häufig verwechselt mit Angst, Wut oder Ekel.
Scham direkt verbunden mit Trauma
Silvia Zanotta geht davon aus, dass alle Pathologien, die mit Selbstverurteilung oder Selbstabwertung zusammenhängen, mit Scham zu tun haben. Gleichzeitig ist Scham direkt verbunden mit Trauma.
Gerade im Kontext von Traumaberatung ist es wichtig, die Scham als solche zu erkennen, sie zu beachten, zu entwirren, zu lösen. „Tiefe Scham“, so die langjährige Traumatherapeutin aus Zürich, „ist gleichbedeutend mit Kollaps und komplettem Energieverlust, begleitet von Gefühlen der Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit.“
Ego-State Konzepte verbinden mit somatischen Zugängen
In ihrer Arbeit mit Klienten verbindet sie Ego-State Konzepte mit somatischen Zugängen. Die Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen ist – kombiniert mit somatischen Strategien zur Regulierung des Nervensystems – wirkungsvoll, vor allem zur Stärkung der ganzen Persönlichkeit.
Strukturelle Dissoziation der Persönlichkeit
Dipl. Psychologin Inge Liebel-Fryszer beschrieb typische dissoziative Bindungsorganisationen nach früher Gewalterfahrung. Die strukturelle Dissoziation der Persönlichkeit (Ellert Nijenhuis) ist eine Folge fehlender Explorationsmöglichkeiten in sicheren Bindungskontexten.
Korrigierende Beziehungserfahrungen
Im Traumakontext können wir von dissoziierten Bindungsmustern sprechen. Frau Liebel-Fryszer geht davon aus, dass Beziehungsarbeit in Beratung und Therapie auch immer die Erarbeitung von grundlegenden neuen „reparierenden“ (korrigierenden) Beziehungserfahrungen (Tronick) ist.
Daniel Stern und der „Gegenwarts-Moment“
Veränderung setzt etwas mehr als die Deutung oder kognitives Lernen voraus, nämlich einen Moment der Begegnung oder wie Daniel Stern es in seinem gleichnamigen Buch beschrieben hat, einen „Moment of Now“.
Begegnungsraum als Fundament von Beratung und Therapie
Als sehr bereichernd habe ich auch den Vortrag von Dipl. Psychologin Elfie Cronauer wahrgenommen. Sie sprach von einem Begegnungsraum als Fundament von Beratung und Therapie.
Der Begegnungsraum umfasst den psychischen Raum, den zeitlichen Raum, aber auch den gesellschaftlichen Raum zwischen Berater*innen/Therapeut*innen und dem Klienten und impliziert die in der Beziehung zwischen Beraterin/Therapeutin und Klient bereitliegenden und entstehenden Möglichkeiten zur Begegnung, zur Entwicklung und zur Veränderung.
Kommunikation jenseits des Inhaltlichen
Gleichzeitig kommunizieren Menschen, jenseits des Inhaltlichen, auf vielfältige Weise miteinander: Über Gestik und Mimik, Bewegung und Haltung, über die Stimmlage.
Elfie Cronauer machte Mut, darauf zu achten, wie etwas mitgeteilt wird, oder welche Bewegungen und Haltungen damit verbunden sind. Diese Achtsamkeit fördert das gegenseitige Verstehen und vertieft die gemeinsame Arbeit in Beratung und Therapie.
Dies ist ein fragmentarischer Auszug aus den vielfältigen Vorträgen und Workshops. An den Abenden haben Katharina Kautzsch und ich die vielfältigen Gastronomischen Angebote am See genutzt, genossen, gelacht und gemeinsame die Tage reflektiert. Sicher sind wir uns, dass die Impulse aus den Tagen in Konstanz, in unsere Arbeit mit Trauma-Klienten in Berlin und Hamburg Einzug nehmen werden.
Wasser ohne Ende und Äpfel vom Bodensee
Mein Dank gilt den Veranstalter*innen und Organisator*innen Elfi Cronauer, Susanne Leutner, Gabriela von Witzleben und Silvia Zanotta. Tolles Team, tolle Atmosphäre, vielen Dank für Wasser ohne Ende und leckere Äpfel aus der Bodensee-Region.