Die 6 Phasen der Liebe (Teil 1/2)

Die 6 Phasen der Liebe (Teil 1/2)

Die 6 Phasen der Liebe (Teil 1/2)

Mehr als zehn Jahre ist es her, dass ich einen Artikel für unterschiedliche Medien geschrieben habe und dieser veröffentlicht wurde. Er befasst sich mit unterschiedlichen Phasen die eine Paarbeziehung durchlaufen kann. Mittlerweile bin ich selbst einmal geschieden und habe die unterschiedlichen Sequenzen und Prozesse am eigenen Leib und meiner Seele erfahren und nebenbei rechts und links von mir Paare beobachtet denen es ähnlich erging. Trotzdem halte ich die Kernaussagen, die sich im Artikel wieder finden für elementar und substanziell. Darum hier eine leicht überarbeitete Version von der ich denke, dass sie nach wie vor hochaktuell ist.

Sechs Phasen der Paardynamik

1. Schmetterlinge im Bauch

Die Phase der Begeisterung
Ganz am Anfang stecken wir als Individuum in einer Beziehung voller Ideale. Verliebt und von Glückshormonen und Spiegelneuronen abgeschossen, sind wir in der Regel häufig nicht mehr „Herr der Lage“.

Liebe, Leidenschaft und Lust zieht uns und unseren Gegenüber magisch an und was so leidenschaftlich und eindrücklich brennt, davon würden wir uns nie träumen lassen, dass esmal zu Ende gehen könnte.

Im eigen Umfeld und Bekanntenkreis interpretieren die Menschen um einen herum den Liebeswahn als völlig abgehoben. Sichtbar für alle kommt manches zum Schwingen und Klingen. Irgendetwas hatte uns an unserem Gegenüber fasziniert, und irritiert beobachteten wir, dass das etwas bei uns beiden auslöste.
Resonanz nennt man es in der Musik und kann es eben auch auf die verrücktesten oder kompliziertesten Paarkonstellationen übertragen. Resonanz, die Fähigkeit von uns Menschen den Gegenüber emotional zu begegnen, ihn zu berühren, zu verstehen. Damals vor zwölf Jahren kannte ich den Soziologen Hartmut Rosa noch nicht, den ich heute sehr schätze. Er hat sich in den vergangen Jahren intensiv mit Resonanz auseinandergesetzt und eines seiner Zitate ist: „Resonanz bleibt das Versprechen der Moderne, Entfremdung aber ist ihre Realität“. (Aus RESONANZ – Eine Soziologie der Weltbeziehung 2016)

Carl Rogers hat in den 60ziger Jahren, um ähnliche Phänomen zu beschreiben, den Begriff Empathie geprägt. Mittlerweile sind viele Jahre ins Land gezogen und neben Hartmut Rosa tauschten anderen Name zum Beispiel im Bereich der Neurobiologie auf und sorgten für Furore. Joachim Bauer, Professor für Psychoneuroimmunologie am Universitätsklinikum Freiburg, sorgte im vergangen Jahrzehnt mit neuesten Forschungsergebnissen für Aufmerksamkeit. Er forscht im Bereich der „Intuitiven Kommunikation“ und fand heraus, dass uns die Spiegelneuronen in unserem Gehirn die Fähigkeit verleihen, zu fühlen, was der andere fühlt. Diese Spiegelneuronen bzw. Nervenzellen sind die Basis von Intuition und Empathie. Sie bestimmen unser „Bauchgefühl“ und die Fähigkeit zu lieben.

2. Magenbitter

Die Phase der Ernüchterung setzt ein
Doch irgendwann scheinen uns diese Spiegelneuronen in der Partnerschaft im Stich zu lassen. Spätestens in dem Augenblick, wo wir die erste Phase in einer Paarbeziehung, die Phase der Begeisterung teilweise noch benommen, verlassen haben und das Land der Realität betreten.

Das Sechs-Phasenmodell beschreibt die verschiedenen Phasen, die Paare immer wieder in unterschiedlichen Abschnitten ihrer Beziehung, durchlaufen.

Als Paar betreten wir nach der Phase der Begeisterung, ein uns völlig neues und unbekanntes Land. Ein Land wo nur noch wenige Schmetterlinge fliegen. Ein Land, dass mit dem was uns in der Zeit der Begeisterung, der Zeit der Spiegelneuronen begegnet ist, nicht mehr viel zu tun hat.

Ernüchterung setzt ein. Die ersten Jahre liegen als Paar hinter uns. Beruflich war ganz schön was los. Es galt sich nach der Ausbildung oder dem Studium zu profilieren und Erfahrungen zu sammeln und in der Regel fordern oder bereichern die Kinder unseren Alltag.
Von Resonanz und Empathie, von Spiegelneuronen und Sinnlichkeit scheint in der Phase der Ernüchterung nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. Die Jahre plätschern dahin, die Tages- und Wochenpläne sind durchstrukturiert und da es heute fast unmöglich ist, eine Familie nur mit einem Gehalt über die Runden zu bringen, und beide Partner zumindest Teilzeit arbeiten müssen, bleibt für die Paarbeziehung nicht mehr viel Zeit. Trotz aller Weiterentwicklung gerade technischer Art in Form von Kommunikationsmitteln wie Skype, Whats App oder Facetime.
„Die Phase der Ernüchterung ist oft auch geprägt von mangelnder Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit und dem fehlenden Mut über die eigenen Bedürfnisse zu sprechen“.
Wir entfernen uns als Paar voneinander, fühlen uns trotz Partner, einsam zu Zweit. Jeder empfindet einen gewissen Frust, Mangel, fehlende Bestätigung und findet die eigenen Bedürfnisse im Nichts verschwinden.

Die Phase der Ernüchterung ist oft auch geprägt von mangelnder Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit und dem fehlenden Mut über die eigenen Bedürfnisse zu sprechen.

Wer sich einen Moment Zeit nimmt entdecket und spürt, wie unsicher und brüchig Paarbeziehungen in den letzten Jahrzehnten geworden sind und wie viel gegensätzliches und spannungsreiches sich im Kontext von Paarbeziehung entwickelt hat.

Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts vollzieht sich in der Gesellschaft der westlichen Welt ein fundamentaler sozialer Wandel. Etliche Traditionen wurden ausgehebelt und dadurch ist es allgemein erlaubt, zu leben

  • was wir wollen (alles nur denkbare)
  • so lange wir es wollen (immer kürzer, dafür öfter mit wechselnden Partnern)
  • und mit wem wir es wollen (fast mit jedem und zunehmend mit uns allein).

Diese Wahlfreiheit innerhalb unserer Gesellschaft bringt viele Vorteile, aber natürlich auch Nachteile. Der Vorteil liegt klar in der gewachsenen Selbstbestimmung, der Nachteil darin, dass Sicherheiten verloren gegangen sind. Der einzelne Mensch ist auf sich selbst zurückgeworfen. Die ehemalige Verpflichtung zur Familiengründung zum Beispiel, bildet nur noch eine Option unter vielen.So lange es verbindlich war, eine lebenslange Ehe einzugehen, verlief das Leben nach einem festen Ritual. Auf die Zeit des männlichen Werbens folgte eine kurze Verliebtheits- und Verlobungsphase, die Heirat und nachfolgende Familiengründung. Die Ehefrau verwandelte sich zur Mutter und Hausfrau, der Mann zum berufstätigen Vater mit Versorgungsverantwortung. So vergingen die Jahre, bis die Kinder erwachsen waren das Haus verließen, die Eheleute zu Großeltern gemacht wurden und zum Schluss im Kreis eines Mehrgenerationenhaushalts sich auf den Weg machten zu sterben. Konflikte galten als immanente Konflikte eines Ehepaars, Scheidungen waren ein Tabu.
In der vergangen Wochen lass ich ein Buch mit dem Titel UNORTHODOX, dass Deborah Feldmann 2014 auf die Bestsellerlisten brachte. Eine autobiografische Erzählung die beschreibt, wie sich eine Frau aus traditionellen Strukturen befreit, löst und eigene Wege findet.Heute werden zwar noch viele Ehen geschlossen, aber auch rasch wieder geschieden. Man kann sich aus einer Beziehung verabschieden, wenn es nicht mehr passt, unabhängig wie lange sie währte, was sie einmal bedeutet und was aus ihr an gemeinsamer Geschichte hervor gegangen ist.Gefühle dominieren und gelten als das Entscheidungskriterium für eine Trennung. Die vielen Jahrhunderte verlässlicher, sozialer oder kirchlicher Verpflichtungen haben ihren Regelwert verloren. Dem entgegen steht alleine die emotionale Erlebenswelt der Paare. Ist die Emotionalität gestört, wird die Beziehung in Frage gestellt. Hat sich die Leidenschaft hinter Gewohnheiten und Alltagsstress versteckt oder verflüchtigt, nimmt Unsicherheit, Irritation und Unwillen ihren Platz ein. Man, sprich Paar, will nicht wahrhaben, dass die leidenschaftliche Tiefe, die gesucht wird, Schwankungen unterworfen ist und die Qualität des Erlebens, dem man sich verpflichtet fühlt, einem unaufhaltsamen Wandel unterliegt.

Aber eben genau das gehört in eine Paarbeziehung hinein und ist ein Teil der Ernüchterungsphase.

3. Prokrustes

Die Phase der Erpressung
Wenn die Phase der Ernüchterung beendet scheint, tritt die Paarbeziehung in eine kriminelle Phase ein.

„Der anderen muss sich ändern und nur wenn er
sich ändert, können wir eine Zukunft haben und
wieder Liebe, Lust und Sinnlichkeit erleben“.

Erpressung macht sich breit und wird subtil in verschiedenen Arten benutzt, um den Partner gefügig zu machen. Es ist der ewig andauernde Kampf der Geschlechter. Aber es ist ein Hoffnungsloser Kampf, denn es gibt in diesen Erpressungsszenarien letztlich nur Verlierer.

Der Alt-Griechische Geschichtsschreiber Diodor berichtet folgendes über den Unhold und Wegelagerer Prokrustes. Prokrustes bot Reisenden ein Bett an. War der Wanderer groß, gab er ihm ein kleines Bett und hackte ihm die Füße ab, damit er hineinpasste. War er eher klein, gab er ihm ein großes Bett, zog ihn in die Länge und reckte ihm die Glieder auseinander, indem er sie auf einem Amboss streckte.

Oft versuchen wir die Paarbeziehung für unseren Partner zu einem Prokrustesbett zu machen. Wir würden die Partnerschaft am liebsten nur nach unseren eigenen Erwartungen gestalten und verhalten uns wie Prokrustes. Der anderen muss sich ändern und nur wenn er sich ändert, können wir eine Zukunft haben und wieder Liebe, Lust und Sinnlichkeit erleben.

Ich mache an dem anderen rum, überschreite Grenzen, und verletze auf Biegen und Brechen, in der Hoffnung, mein Ziel zu erreichen. Auch diese Phase überstehen die Paare in der Regel und arrangieren sich irgendwann mit dem was ist und mit dem was wohl nicht mehr werden wird. Aber das Leben ist doch eigentlich viel zu schade, um sich mit etwas abzufinden.

[Die Fortsetzung dieses Artikels findest du hier in meinem Blog]

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